Lieber junge medien thüringen e.V.,
Herzlichsten Glückwunsch, Du bist nun ein Vierteljahrhundert Mediengeschichte(n). Solange hast Du durchgehalten und zusammengehalten. Als Du im Herbst 1991 von ein paar Schülerzeitungsredakteuren in Thüringen gegründet wurdest, auch ohne Internet bundesweit gewachsen bist und mit Medienpädagogen (ein Begriff, den es damals noch nicht einmal gab) Schülern geholfen hast, eigene Publikationen zu erstellen und zu verbreiten, da war ich ein kleiner Schüler. 1996 kam ich zu Dir, weil ich meine erste Schülerzeitung mit Freunden übernommen habe und keinen Plan hatte, wie Journalismus geht. Dann wurde ich selbst einer dank Dir und schließlich Produzent und Dozent. Vieles von dem, was ich in den letzten 20 Jahren gelernt habe und heute jedes Jahr tausenden Studierenden und Schülern weitergebe, durfte ich bei Dir lernen, von großen und kleinen Helden, die vor allem für Medien in all ihrer Vielfalt brannten, aber auch für soziales Engagement. Dank Dir und und Deinen Freunden hat meine Vergangenheit nicht bestimmt, was meine Zukunft wird. Wir haben zusammen Dinge geschafft, für die wir manchmal bewundert, manchmal für verrückt gehalten, vor allem aber von vielen unterstützt wurden.
Junge medien thüringen, Du bist so wunderbar. Du bist nicht nur ein Verein, ein Freundeskreis oder eine Art Familie. Du hast etwas magisches, was ich sonst nur aus Kinderbüchern kannte. Und ich darf mich ein Kind dessen nennen, das unglaublich prägende Mitmenschen und Persönlichkeiten kennenlernen durfte. Du hast Brücken gebaut und Flügel. Du hasten Herzen erweicht und Köpfe zum Leuchten gebracht. Du hast kleine Menschen groß macht, sie bewegt. Und Du hast Licht ins Dunkel gebracht und viele Wege gezeigt. Die vielen persönlichen Opfer waren nicht umsonst. Und so haben wir mit wenig Großes erreicht – zumindest für den Moment. Es waren Zeiten des Aufbruchs und des gemeinnützigen statt egostischen Engegaments. Wir hatten gute und schlechte Zeiten, viele Wegbereiter und Weggefährten, denen ich bis heute zutiefst dankbar bin. Wir hatten Konflikte und Reibung, aber auch Spaß, Abenteuer und unendlich viele Erfahrungen durch Projekte, vor allem aber abertausende Freundschaften. Nicht alle davon waren letztendlich echt oder haltbar, viele jedoch aber wie ein guter Wein gereift und sind heute für mich immer noch unschätzbar wertvoll und Teil eines großen Wachsens und Werdens. Zusammen haben wir Kongresse wie das jugendmedienforum veranstaltet oder seit 14 Jahren die Erfurter Spätlese für den Literaturnachwuchs. In unzähligen Workshops mit großartigen Referenten haben wir Wissen und Know-How geteilt. In unendlich vielen Medienprojekten sind so viele Filme, Zeitungen, Blogs oder Hörspiele entstanden. 25 Jahre haben wir auch kräftig in der Medienpolitik mitgestritten und Lösungen angeschoben. Mir persönlich haben diese vielen Erfahrungen ein Meer an Fenstern und Türen geöffnet, Brücken entstehen lassen und meinen Horizont immer wandern lassen, obwohl ich Erfurt soweit treu blieb.
Nun geht eine intensive Zeit zuende. Geschichte ist Geschichte. Kein Mensch braucht mehr einen Flughafen, von dem zusammenhaltslos und sinnentlehrt nur Flüge one-way weggehen oder man mit Flügeln aus Wachs zur persönlichen Sonne fliegt. Vor einem Jahr nahm ich mir vor, im 20. Jahr nochmal volle Schubkraft zu geben. Ich war beflügelt von unserem Dokumentarfilm „Traumpiloten“ über Träume vom Fliegen und Freundschaft. Ein weiser Pilot sagte da im Interview: „Fliegen lernen heißt landen lernen.“ Manchmal ist das auch eine Bruchlandung.
Das muss mir nun besser gelingen, aber nicht auf diesem Flughafen. Vor ein paar Wochen sah ich zum rechten Zeitpunkt in meinem Fuchsbau im Wald auf Youtube einen Vortrag von Prof. Dr. Gunter Dueck über „Cargo-Kulte“, der mir einmal mehr die Augen öffnete. Cargo-Kult bezeichnet es, wenn man für eine Idee oder einen Glauben Start- und Landebahnen und Tower baut, in der Hoffnung bzw. dem naiven Glauben, wie einige ältere Kulturen ihn pflegten, das Glück bzw. Frachtgut kommt wie von den Göttern entsendet vom Himmel geflogen. Man muss schon mehr beitragen, als Trittbrett zu fahren, um etwas zu bewegen. Teamwork heißt ben Team und work. Von nichts kommt nichts. Das mit dem Zusammenhalt, Mut und Taten müssen noch viele Thüringer lernen. Und trotzdem habe ich persönlich in 20 Jahren junge medien thüringen e.V. meinen Himmel schon gefunden, denn in unserem kurzen Leben in diesem Kosmos ist es etwas ganz besonderes und wertvolles, soviele Menschen und Momente erlebt zu haben, soviel wachsen zu sehen, aus Krisen zu steuern, aufzustehen, Widerstand zu leisten, Horizonte zu weiten, wirksam und da zu sein. Fantastischer kann man Zeit nicht nutzen, wenn man so sehr dabei war. Viele Sterne und Sternmomente waren in 20 Jahren Jugendarbeit dabei, die hoffentlich noch lange leuchten. Und den anderen geht das Licht vielleicht später noch auf. Nach jedem Winter kommt auch wieder ein Frühling. Ich danke Dir, treuer Freund und wünsche eine gute Reise. Bye, Henryk.
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